Playground Crossing Bridges Festival 2005
Bericht

1a) Kurze Zusammenfassung:

Projektbeschreibung: Im Vordergrund des Kulturaustauschs Playground Crossing Bridges standen gegenseitige Besuche und gemeinsame Aktivitäten und von kreativen, sozial und politisch engagierten jungen Menschen aus Frankfurt, Prishtina und Belgrad.

Zeitraum: 11.9.-11.11. 2005
Teilnehmer:insgesamt 17 Erwachsene (und zwei Kinder):
8 Personen aus Belgrad, 5 Personen aus Prishtina, 4 Personen aus Frankfurt

Aktivitäten im Kosovo (und Belgrad):
-Teilnahme an Musik/Tanzveranstaltungen in Prishtina und Belgrad
- Teilnahme an Radiosendungen bei Urban FM in Prishtina
-Jonglageworkshops und temporäre Spielplätze für sozial benachteiligten Kindern in 5 verschiedenen Städten/Dörfern im Kosovo
-Reclaim the Church! Reklamierung einer leerstehenden Kirche in Prishtina als potentielles Jugendzentrum.

Aktivitäten in Frankfurt:
-Festival in 5 Räumen am Milchsackgelände mit gemeinsamen Aufbau und Gestaltung, Diskussionsveranstaltung, Filme und Musik,
-Gemeinsames Abendessen, Besprechung und Filme-Abend bei Prowokulta,
-Teilnahme an einer Veranstaltung an der Fachhochschule zum Thema Kosovo.
-Abendessen mit einer Journalistin und Radioredakteurin bei Radio X
-Besuch einer Musik Veranstaltung in Mannheim,
-gemeinsames Wohnen bei Projekt Zwo und Prowokulta am Frankfurter Berg

Finanzierung: Playground e.V., Spenden, Zuschuss von Jugendamt Frankfurt (Abteilung für politisch kulturelle Bildung), Eigeneinlage, Konzerte/Auftritte.

2) Bericht

1.Tour
Das Projekt Playground Crossing Bridges 2005 fand vom Mitte September bis Mitte November statt.
An dem Austausch waren insgesamt 17 Leute und zwei kleine Kinder beteiligt. (Die Fahrtkosten für die Kinder wurden von uns privat getragen).
Aus Frankfurt reisten 5 Personen (Orest, Suse, Yan, Conni und Claude) mit Bus bzw einem Flug nach Prishtina.
Das Ziel der Frankfurt Crew war an Musikveranstaltungen teilzunehmen und Jonglageworkshops und Spielnachmittage mit Kindern zu organisieren und Gäste für das Festival in Frankfurt einzuladen, wozu auch einige Behördengänge vor Ort gemacht werden mussten.

Orest ,der ursprünglich aus Prishtina ist und jetzt teilweise in Frankfurt lebt und sein Sohn Nepomuk-Loti (2) flog Mitte September nach Prishtina .
Am 26.9. starteten wir zu viert mit dem VW Bus voller Musik und Jonglage-Equipment von Frankfurt über Ungarn nach Belgrad, wo wir zwei Nächte und Tage blieben und bei unseren Freunden vom Stani Pani Kolektiv wohnten. Wir brachten Material zum Feuerspielen aus Frankfurt mit, das in Belgrad nicht erhältlich ist und schrieben die noch fehlenden Einladungen. Ausserdem konnten wir uns ein Soundsystem für die Tour ausleihen.
Donnerstags fuhren wir dann weiter nach Prishtina, ca 8 Stunden Landstrasse.

In Prishtina wohnten wir zuerst bei Neta, Sevdje, und Casey vom Crossing Bridges Collektiv und später dann bei Radio Urban FM. Orest und Nepomuk wohnten bei Orests Mutter und Familie. Wir blieben drei Wochen im Kosovo, und besuchten auch die Städte und Dörfer Peje, Mitrovica ,Gracanica und Plementina.
Am Tag nach unserer Ankunft legten Suse und Yan in der Radiostation Musik auf, Claude spielte Radiomoderator. Samstag abend besuchten wir eine Veranstaltung im Art Club mit DJ(ane)s aus Mazedonien. Sonntags machten wir eine spontane direkte Aktion: eine Party und einen Jonglierspielplatz vor der leerstehenden serbisch orthodoxen Kirche in Prishtina.

Der Rohbau, der nie fertiggestellt wurde, ist ein Politikum in Prishtina und was damit in Zukunft werden soll, ist unklar. Für serbisch orthodoxen Gottesdienst wird sie wohl kaum mehr gebraucht werden. Das Gebäude, das zeitweise auch offen begehbar war, ist seit letztem Jahr wieder dick mit Natodraht abgsperrt. Es steht in der Nähe der Bibliothek auf einem grossen parkähnlichen Areal, das zum Universitätsgelände gehört. Unsere Veranstaltung fand nachmittags vor der Kirche auf der Wiese statt. Wir parkten den Bus , stellten die P.A. Boxen ins Freie und legten die Spielsachen (E-Gitarre, Jonglierkram, Malfarben) raus. Suse legte mit Plattenspielern vom Bus aus groovige Musik auf.

Wir malten zusammen mit ein paar Mädchen ein Transparent auf dem stand „International Youthcenter“ und befestigten es an der Kirche. Abends spielten mehrere Leute mit Feuer. Da die Veranstaltung spontan stattfand und es kaum Flyer gab, waren wir insgesamt nur 20-30 Leute. Die Veranstaltung dauerte bis ca 21 Uhr, als das Benzin des Generators zu Ende war, danach gab es noch eine kleine „Afterparty“ im Art Club.

Dusi von Urban FM hatte die Idee, die Party eine Woche später zusammen als grösseren Event zu wiederholen, was aber dann aus Zeit und Wettergründen nicht möglich war. Die Idee in dem Gebäude und im Aussenbereich eine grössere Veranstaltung zu machen und damit auch einen Dialog zu starten, was mit der Kirche in Zukunft passieren soll, ist allerdings nicht aufgehoben, sondern für 2006/7aufgeschoben. Die Aktion ist dokumentiert unter www.theplayground.de/churchproject.htm

Desweiteren fanden 2 Parties im Art Club in Prishtina statt, wo wir Musik machten/auflegten. Dabei kamen auch Gäste aus Skopje/Mazedonien zu Besuch. Dritero ein alter Bekannten und Musikerkollegen half mir Gitarrenequippment für den Gig zu finden.
Suse musste aus Uni-technischen Gründen nach einer Woche schon wieder abreisen, was gar nicht so einfach war. Am Morgen (Montag 3.10) nach d er Kirchenparty wurde in unseren Bus eingebrochen. Wir waren zu müde gewesen, um auszuladen und dachten der Bus wäre im Garten unserer Freunde neben dem Haus, wo wir schliefen einigermassen sicher. Falsch gedacht: sämtliches Gitarrenequipmment, Verstärker, Fotoapparat und Pässe wurden früh morgens geklaut. Da Suse einen österreichischen Pass hatte, und es in Prishtina nur einen Konsul, aber keine richtiges Konsulat gibt, hätte es ein Woche gedauert bis sie aus Belgrad einen Ersatzpass bekommen hätte.
Ohne Papiere konnte sie aber nicht nach Mazedonien fahren, von wo aus sie ihren Rückflug gebucht hatte. Also half nur eins, sie musste sich quasi offiziell Abschieben nach Österreich lassen: Denn als österreichische Staatsbürgerin darf ihr Österreich, die Einreise auch ohne Papiere nicht verwehren, und von dort konnte sie dann weiterfliegen nach Frankfurt.


Aufgrund diese Einbruchs waren wir in den nächsten Tagen quasi Dauergäste erst am österreichischen Konsulat und später am deutschen Verbindungsbüro, wo wir täglich aufkreuzten um neue Papiere zu beantragen bzw abzuholen und natürlich gleichzeitig auch versuchten die Schengenvisas für unsere Gäste klar zu machen. Die Zustände am deutschen Verbindungsbüro sind etwas was jeder Kosovoreisende erlebt haben muss, abgesperrt wie bei einem Rolling Stones Konzert drängen sich da die Massen an Leuten bei Wind und Wetter, viele Leute vom Land auch viele alte Leute, die darauf warten von den Männern in Uniform aufgerufen zu werden, um in den Wartesaal einzutreten. Dort wiederum werden sie zu Schaltern aufgerufen an denen sie ihre Visas beantragen und Unterlagen einreichen müssen und wo entschieden wird, ob ja oder nein. Bei einer Ablehnung müssen noch nicht einmal die Gründe genannt werden und der Antragsteller darf 6 Monate lang kein Visum mehr stellen. Wir trafen eine abgeschobene Roma Familie, die wir leider nicht filmen durften, und eine Deutsche, die seit zwei Jahren mit ihrem Mann im Kosovo wohnt, der nach Schikanen in Baden-Würtenberg freiwillig zurückging und danach nicht mehr nach Deutschland einreisen durfte.

Glücklicherweise hatten wir einen unserem Projekt sehr aufgeschlossenen Ansprechpartner an der „German Office“ und die Möglichkeit über den Verein Geschäfts-Visas zu beantragen, d.h unsere Gäste mussten sich nicht in die Menschentrauben einreihen, sondern konnten durch einen extra Eingang zu ihrem zuständigen Schalter gelangen. Als erstes entschieden sich Neta und Sevdje, die Filmemacherinnen vom Crossing Bridges Kollektiv nach Frankfurt zu kommen. Desweiteren luden wir Agnes, eine Theater und Tanzperformerin, die in Tetovo und Prishtina an den Unis lehrt und Toton , DJ und Produzent mit dem wir einige Veranstaltungen durchführten. Ausserdem schrieb ich noch Einladungen für DJ Goya, der aber nicht kommen konnte, weil sein Pass abgelaufen war und für Dusi den „Papa“ von Urban FM. Dusi hatte irgendein Projekt in Den Hag am Laufen in der Zeit unseres Festivals , wollte aber eine Einladung für den Zeitraum von 3 Monaten haben, um uns zu einem späteren Zeitpunkt in Frankfurt zu besuchen.
Es waren also 4 Leute aus Prishtina, die letztendlich nach Frankfurt zu Besuch kamen ,wobei es noch einige Aufregung gab mit Netas Pass, auf den ihr die German Office wegen eines Druckfehlers zuerst kein Visum erteilen mochte. Dank einiger engagierter Mitarbeiter im deutschen Verbindungsbüro wurde dann aber doch noch eine Ausnahme gemacht.

Im zweiten Teil unserer Reise begannen wir mit dem Jonglageprojekt.
Wir knüpften Kontakte zu verschiedenen Organisationen und testeten in der Zwischenzeit unsere Spielsachen mit den Kindern aus Lotis und Orests Nachbarschaft in Prishtina: auf einem Parkplatz in der Nähe des famosen Bill Clinton Boulevard. Jedesmal wenn wir dort mit unserem Bus aufkreuzten, um Orest abzuholen bzw Nepo zu besuchen kam eine Horde von Kindern aus der Nachbarschaft neugierig herbei, um zu gucken, was wir da machten. Ziemlich schnell wussten sie auch, was wir alles Bus hatten und so entstanden jedes Mal kleine Spontanworkshops, Claude machte mit ihnen Capoeira, und wir zeigten ihnen das Spiel mit Flowersticks, Stöcke und Pois. Auch unsere Musikinstrumente (Trommeln Gitarre) waren sehr beliebt.


Am Nachmittag bevor Suse abreisen musste, verabredeten wir uns mit den Kindern zu einem längeren Workshop und so entstanden auch die ganzen Fotos die Suse zusammen mit den Kindern machte. Wir wollen die Fotos den Kindern zukommen lassen, am besten persönlich durch Leute, die zu den Vorbereitungstreffen in den nächsten Wochen/Monaten nach Frankfurt kommen, da die Post zu unsicher ist..
Donnerstags, also eine Woche nach unserer Ankunft, hatten wir unseren ersten offiziellen Termin, in einer Roma Gemeinde in Gracanica in Zusammenarbeit mit Balkan Sunflowers.
Gracanica ist eine serbische Enklave und war Ausgangspunkt für die Aufstände im März 2004. Wir arbeiteten am Stadtrand auf einem eingezäunten Sportfeld inmitten von Kriegsruinen, die wie Dekoration auf den Feldern standen und worin sich die Roma Familien teilweise wieder provisorisch eingenistet hatten.
Die Kinder waren nett, aber auch sehr wild, es war schwierig sie als Gruppe zu organisieren. Erst sollten nur die Älteren bei den Workshops mitmachen, aber die Jüngeren waren nicht wirklich zurückzuhalten. Ein Problem war auch die Sprache: ich spreche etwas albanisch, aber kaum serbo-kroatisch und Orest unser Multisprachen-Talent war krank. Die Mitarbeiter von Balkan Sunflowers dolmetschten für uns, was aber nicht immer so schnell ging bei rund 30 Kids, die alle durcheinander purzeln. Trotzdem schafften wir es zusammen mit den Kindern ca 10 Flowersticks zu bauen, die wir am Ende den Balkan Sunflowers und ihrem Jugendzentrum übergaben, um Streit zu vermeiden..


Wieder waren auch die Trommeln sehr beliebt und es gelang mir auch, ein paar Mädels beim Singen zu filmen.

Ein weiterer Workshop fand in Plementina statt, wo wiederum hauptsächlich serbische/Roma Familien wohnen und zum Teil immer noch Flüchtlings-barraken existieren. Wir fuhren zusammen mit Ben von Balkan Sunflowers hin, der dort wohnte und der uns nach der netten Aktion in Gracanica spontan eingeladen hatte.
Vor Ort wusste auch noch keiner Bescheid. Wir fuhren mit Ben durch das Dorf und er trommelte von unserem Bus aus Kinder und Jugendliche zusammen. Kurz darauf kamen sie zum Garten des örtlichen Kindergartens, wo der Spielplatz stattfinden sollte Die Gruppe war gemischt von 4- 18 Jährigen, wer halt so Zeit und Interesse hatte, sie wurde im Laufe der nächsten 2 Stunden immer grösser. Einige von den kleinen Kindern waren hier ziemlich agressiv, u nd teilweise stritten sich nicht nur die Kinder, sondern auch deren Mütter. Ausserdem verschwand einiges an Materialien unter anderem eine Rahmentrommel die ich tags vorher in Prishtina für die Workshops gekauft hatte. Es waren auch einige Älteren zumeist männliche Jugendliche anwesend, die hauptsächlich Musik machten bzw später auch mit den Stöcken spielten. Am Ende machten wir eine Feuershow und liessen auch einige der älteren Jugendlichen mit dem Feuer spielen. Ich denke gerade an Orten wie Plementina und auch in Gracanica wäre es gut bei zukünftigen Besuchen nicht nur einzelne Spielnachmittage, sondern richtige Workshops zu machen, die mehrere Tage lang gehen, wo die Kinder noch mehr lernen und wir sie auch besser kennen lernen können.


Nach Plementina fuhren wir nach Peje, wo wir die Roma Familie von Valon, einem Freund und alten Crossing Bridges Mitstreiter besuchten. Eigentlich wollten wir uns mit ihm dort vor Ort treffen und dann seine Community besuchen, aber er war nicht da. Später erfuhren wir, dass er gerade an dem Tag seine Arbeit verloren hatte und Stress mit seiner Mutter bekam, so dass er wieder nach Prishtina abreiste. Also verständigten wir uns mit seiner Mutter, einer alten Bekannten bei der wir auch während des Crossing Bridges Festivals 2 gewohnt hatten. Sie ist die Familienmatrone, liest gerne aus dem Kaffesatzlesen und legt Tarotkarten. Wir erzählten ihr von unserem Projekt und sie versprach uns für den nächsten Tag Kids aus er Nachbarschaft zu organisieren.

Die Nächte verbrachten wir hoch oben in den wunderschönen Rugova Mountains in einer Wald Hütte von Caseys Coopers Family. Am nächsten Tag fuhren wir wieder hinunter in die Stadt wo ca 10 Kinder (albanisch und roma) auf uns im Hof von Valons Familie warteten, später kamen sogar noch mehr.
Wir machten wieder unsere kleine Vorführung mit Ball- Jonglage und Flowersticks. Für Stöcke und Pois war es etwas eng, wir packten sie daher erst etwas später aus. Generell hatten wir es uns nach den Erfahrungen in Gracanica zum Konzept gemacht nicht alle Spielsachen gleichzeitig auszupacken, sondern vorsichtig ein Thema nach dem anderen vorzustellen.
Die Trommeln und Gitarre waren auch hier der Renner, diesmal unter den Mädels, die nicht nur sangen, sondern auch im Kreis tanzten und Girlband Sessions machten, wovon es auch gute Film und Tonaufnahmen gibt.


Wir bastelten auch einige glitzernde Jonglier Stöcke und liesen 3 Flowersticks und zwei paar Pois bei Valons Familie. Quasi als zukünftige Ausleihstation.
Wir trafen dort auch eine 5 köpfige Familie, die 15 Jahre lang in Deutschland gewohnt hatte und nun diesen Sommer aus Deutschland abgeschoben worden war. Ihr Haus im hinteren Teil des Gartens war bis auf die Grundmauern abgebrannt, sie wohnten in einem Zimmer das sie sich notdürftig hergerichtet hatten und bei Verwandschaft.
Ich beschloss nach unserem Playground Workshop ein Interview zu machen und erfuhr mehr Details: Die Abschiebung war ziemlich plötzlich gekommen sogar ihr Anwalt hatte nicht damit gerechnet, da für Romas die Situation im Kosovo immer noch nicht sicher ist. Bei der Abschiebung der sechsköpfigen Familie in der Früh um 4 Uhr morgens, sprang die Tochter aus dem Fenster im 2.Stock und die Mutter fiel in Ohnmacht. Die Mutter wurde trotz Ohnmacht (und vom Arzt bestätigten Herzproblemen) im Schlafanzug liegenderweise zum Flughafen abtransportiert und kam erst wieder im Flugzeug zu sich. Die Tochter (18 oder 19) landetet mit schweren Verletzungen ( zwei gebrochenen Beinen und angeknacksten Rücken) im Krankenhaus. Nach ihrer Genesung einige Monate später liess sie sich freiwillig abschieben, um mit den dadurch vom Staat erhaltenen 500 Euros ihrer Familie in Peje zu Hilfe zu kommen. Sie erzählten mir, dass die abgeschobenen Familien von ihren Kommunen vor Ort keinerlei Hilfe bekämen, obwohl diese angeblich wohl von Deutschland einige Tausend Euros bekommen um die Abgeschobenen wieder in ihrer Gemeinde aufzunehmen. Die Tochter war seit 3 Wochen da und wartete nur auf ihren Verlobten aus Deutschland , der sie dann quasi wieder zurückheiraten sollte...
Das Interview ist ca 20 Minuten lang und auf DVD erhältlich

Nach unserem Besuch in Peje und den Rugova Bergen fuhren wir weiter nach Mitrovica, einer in zwei Teile (serbisch-albanisch) geteilte Stadt im Norden Kosovos, wo wir uns mit der Organisation „Hand aufs Herz“ trafen und den Workshop besprachen, der am nächsten Tag stattfinden sollte. Wir fuhren weiter nach Prishtina, wo wir die Nacht wieder bei Urban FM verbrachten.

Am nächsten Morgen verursachte Claude einige Aufregung: Er wollte einem LKW-Fahrer bei der Durchfahrt behilflich sein und war beim Busausparken vor dem Haus rückwärts auf ein Auto aufgefahren, was sich seiner Aussage nach s kurz vorher noch nicht dort befunden hatte. Das Problem war Claude hatte keinen Führerschein und unsere grüne Versicherungskarte gilt nicht im Kosovo. Es gab dann ein grosses Pallaver mit einem Polizisten, einem herbeieilenden Autoreparateur und Dusi von Urban Fm als Dolmetscher, um die Schadenshöhe und Bezahlung. Dazu kam noch das ausgerechnet an dem Tag die Banken in Kosovo keinen Zugriff auf unsere Konten in Deutschland hatten. Irgendwie konnte die Sache aber geklärt werden und ein Termin für die Geldübergabe gefunden werden. Dusi erzählte uns später dass der Typ, dem Claude aufs Auto gefahren war, eigentlich ein Zivilpolizist war.


Mit etwas Verspätung schafften wir es trotzdem noch nach Mitrovica, wo wir dann einen ziemlich gut durchstrukturierten Workshops durchführten. Er fand auf einem Sportplatz am Fluss statt im nördlichen, also serbischen Teil von Mitrovica statt, allerdings kamen hauptsächlich albanische und wohl auch einige bosnische Kinder.
Wir bildeten kleine Gruppen, die sich jeweils an Flowersticks, Stöcken und Pois übten. Ausserdem machten wir Spiele, Hüpfen mit einem Riesigen Fahrradgummiseil und Kreisspiele. Am Ende gab es auch wieder eine kleine Feuershow, und wir bastelten auch einige Stöcke, die wir der Organisation da liesen, sowie auch den Rest unserer Flowersticks und einige Pois. Die Idee dabei war auch, dass die Kinder damit weiterspielen können und auch Mitarbeiter der NGO weitere Projekte anbieten können.

Die restlichen Tage verbrachten wir mit Einsammeln von unserem überall verstreuten Equipment, Packen, Filmekopieren, weiteren Einladungsschreiben und Zahnarztterminen (Kronen äusserst günstig!)

Am Freitag 14.10 legte Yan nocheinmal auf einer Party im Artclub auf, dabei trafen wir auch Sandra und Shef alte Bekannte aus Skopje. Samstags verliessen wir Prishtina in Richtung Belgrad. Auf einem Loch im Autoput für dessen Benutzung wir 45 Euro zahlten, verloren wir zum zweiten mal den Auspuff.
Wir blieben drei Tage in Belgrad. Unsere Freunde die Stani Panis hatten eine Party organisiert, Benefit für Queer Beograd. Milan und seine Freunde liehen mir Gitarrenequippment. Die Party sonntags abends war klein und nett. Montags gingen wir mit unseren Freunden zum deutschen Konsulat um wegen der Visas vorzusprechen. Auch in Belgrad bekamen sie Business-visas, mussten am nächsten Tag aber trotzdem 3 Stunden früh morgens vor dem Amt warten. Vor unserer Abfahrt liesen wir noch das Auto reparieren: 80 Euro für einen neuen(secondhand) Auspuff eine Investition, die sich nicht mehr wirklich lohnen sollte. Wir fuhren durch Ungarn bis Bratislava, wo wir Mitten in der Stadt an der Donau übernachteten und morgens Claude am Bahnhof aussetzten, der dort Freunde besuchen wollte. Unser Bus schaffte es dann noch durch Österreich bis kurz vor Regensburg , bevor er auf der Autobahn mit einem Schaden an der Ölpumpe liegen blieben. Dank ADAC Plus Mitgliedschaft bekamen wir ein grosses Mietauto, womit wir nach Frankfurt zurückfuhren. Der Bus blieb bei meinem Vater in Regensburg, der ihn tatsächlich noch für 140 Euro nach Czechien verkaufen konnte, womit wenigstens die Reparaturkosten gedeckt werden konnten. Das war traurig. Der Bus war 4 Jahren lang Touren nach Kosovo, Mazedonien, Bulgarien,Albanien, Italien gefahren. Aber der Tüv war fällig, die Steuer für Diesel war einfach nicht mehr finanzierbar und die Reparatur wäre in Deutschland zu hoch gewesen.


2. Festival
Der zweite Teil des Austauschs begann am 30. Oktober. Sonntag Abend holte ich Agnes und Toton am Frankfurter Hauptbahnhof ab. Auch Sevdje, Neta und Baby Jeta waren schon am Flughafen angekommen, blieben aber die ersten Tage bei ihrem Bruder in Rossbach, wo sie wohnten und eine gute Betreuung für Jeta hatten. Montags begleitete mich Toton und mein WG Mitbewohner Jan nach Mannheim zu einem Gig in die Suite: eine neue Gitarre verdienen und Geburtstag feiern. Donnerstags kamen die Stani Panis aus Belgrad via Wizz Air von Budapest. Glücklicherweise hatten uns Alice vom Drogennotruf ihr Campingmobil geliehen und ich konnte sie persönlich in Frankfurt Hahn abholen, womit wir uns viel Geld sparten, das wir sonst an Bustickets hätten ausgeben müssen. Unsere Gäste wohnten in unserem Wohnprojekt Projekt Zwo am Frankfurter Berg.
Ich hatte vorsichtshalber verschiedene Zimmer bzw Wohnungen klargemacht: im Gästezimmer bei uns unterm Dach wohnten Agnes und Toton, in der 12 wohnten die Stani Panis, die zu 7 angereist waren und bei unseren Nachbarn wohnten Neta, Jeta und Sevdje.


Freitags gab es ein gemeinsames Essen bei Prowokulta im Wohnprojekt nebenan. Dabei trafen sich alle Beteiligten aus Prishtina und Belgrad zum ersten Mal trafen und es gab eine Besprechung für Samstag. Auch Freunde aus Berlin und Hamburg,die früher bei unseren Touren mitgemacht hatten und Stefan (DJ und Mitveranstalter) aus dem Playground e.V. ist nahmen an der Besprechung teil
Zum Teil kannte sich die TeilnehmerInnen schon persönlich von Veranstaltungen wie den Crossing Bridges Festivals und Road of Peace, allerdings war das schon 2 –3 Jahre her. Nach der Vorstellung und Besprechung zeigten unsere Gäste Filme: Queer Beograd Doku aus Belgrad und Kurzfilme aus Prishtina und ein Film über Frauen in der Politik im Kosovo.

Am Samstag brachen wir ( ca 20 Leute) mit einem Bus und zwei Autos dann vormittags in Richtung Tanzhaus auf, wo Suse schon ungeduldig wartete und uns den Club aufsperrte. Den ganzen Nachmittag über wurde aufgebaut, dekoriert, Sound gecheckt, und abends wurde für die Crew gekocht.

Miss Moon aus London traf ein. Sevdje und Neta konnten Baby Jeta bei der Schwägerin lassen und wurden am frühen Abend von ihrem Bruder vorbeigebracht. Auch Toton kam zurück aus der City, von einem Treffen mit seiner Schwester die extra aus London angereist war. Ausserdem kam Jelena, die zur Zeit in Holland studiert zusammen mit einem holländischen Bekannten, der auch bei Balkan Sunflowers gearbeitet hatte.


Um ca 21 Uhr war alles fertig aufgebaut und wir konnten wir der Veranstaltung beginnen, die mit einer Diskussionsrunde begann, die auch mitgefilmt wurde. Die Gruppen stellten sich vor und erzählten vom Leben und Situation in ihren Städten und natürlich von ihren Projekten, die von dieser Situation inspiriert wurden. Darin geht es hauptsächlich, um die Freiheit, sich ohne Angst vor Gewalt in den Strassen von Belgrad und Prishtina bewegen zu können, ohne aus ethnischen Gründen oder wegen der sexuellen Orientierung diskriminiert, verletzt oder gar getötet zu werden.
Zwischendurch wurden immer wieder Filme gezeigt. Auch das Publikum konnte Fragen stellen. Leider war die Zeit viel zu kurz, um all die Informationen auch mit dem Publikum diskutieren zu können. Zumindest aber konnte viel Interessante angesprochen und vorgestellt werden und wir hoffen, dass dies nicht die letzte Veranstaltung bzw Diskussionsrunde dieser Art sein wird.

Um 23 Uhr begann die Party: Es gab drei Räume mit Soundsystemen, einen Raum, wo Filme gezeigt wurden und ein Raum in dem Musiksession gemacht wurde. In der Grossen Halle gab es zusätzlich eine Ausstellung zu unsere Tour, einen Massagespace, ein Shisha Cafe, Alice Bücher und Leseecke. Bodypainting ,Schachspielen, und natürlich einen Jonglageplayground, der auch gern genutzt wurde. Es gab zahlreiche Liveperformances und Live-Acts. Der Dancefloor im Tanzhaus wurde eröffnet von der Ladyfest Crew und Miss Moon von Queer Beograd. Sie machte eine Performance bei der sie immer mehr Kleider auszog und dazu Filme von politischen Aktionen und Demos (z.B. gegen Abschiebeknäste in Australien) zeigte. Agnes, Toton, Milan Guza und Tishma machten Musik und legten auf und hatten ihren Spass , wurden reichlich gefeiert und fotografiert.


Die Deko war in jedem Raum unterschiedlich, das Tanzhaus war dekoriert mit Backdrops und Flaggen von Ivana aus Belgrad, die leider nicht persönlich kommen konnt. Im White Cube gab es Projektionen von Club Kiew, die Kantina war schlichtweg Disko, scharz-rot mit viel Lichtshow. Wir hatten das Tanzhauskomitee zu Besuch die Russendisko und folkloristische Musik und Remixe vom Balkan und nahen Osten spielten, was für einige unsere Belgrader Freunde nahezu ein Kulturschock darstellte. Soweit wir feststellen konnten haben sich unsere Gäste aus Prishtina und Belgrad auf dem Festival, das bis Sonntagnachmittag um 16 Uhr ging, gut amüsiert und zahlreiche Kontakte geknüpft. Auch Sonntag Abend im Wohnprojekt wurde noch weitergefeiert und weiter kontaktet, das heisst: der Sinn und Zweck des Kulturaustausch wurde überaus erfolgreich erfüllt.

Insgesamt waren ca 300 zahlende Gäste auf dem Festival zu Besuch und schätzungsweise 60-80 geladene Gäste, Helfer, Teilnehmer. Die Kosten für die Veranstaltung konnten gedeckt werden. Es blieben ca 400 Euro von den Eintrittsgeldern übrig, von denen ein Teil an Queer Beograd ging und der Rest für eine CD Produktion zugunsten von einem Strassenkinderprojekt in Goa gespendet werden soll.

Sonstiges &Abreise:
Sevdje musste schon Sonntag nachmittags wieder zurück nach Prishtina fliegen. Auch dies wurde wie der gesamte Aufenthalt der Kastrati Schwestern von den zahlreichen Verwandtschaft, die in Frankfurt und Süddeutschland lebt gemanagt.
Montag morgen brachte ich dann die Stani Panis zurück an den Flughafen Hahn.
Abends waren wir zu einem Abendessen bei einer Journalistin von Radio X eingeladen, die ebenfalls im September in Prishtina zu Besuch gewesen war und eine Forschung zum Thema HipHop macht. Da gab es natürlich einige gemeinsame Bekannte. Dabei erfuhren wir auch, dass die Städelschule einen Austausch mit KünstlerInnen der Kunstfakultät in Prishtina angefangen hatte. Das erklärte einiges: Wir hatten uns schon über komische Schilder an der serbischen Kirche und Bibliothek gewundert ,worauf stand„Meine Heimat das sind nicht nur die Berge, die Täler und die Seen.....“ Die Kunststudenten halt!

Toton und Agnes blieben noch bis Mitte der Woche. Toton bekam über seine Cousine, der angeblich die Kosova Airline gehört, einen Freiflug zurück. Eine Konnektion, die wenn sie so stimmt, unbedingt für zukünftige Austauschs Projekte ausgebaut werden sollte.
Donnerstags nach dem Festival besuchten wir mit Neta eine Seminar Veranstaltung an der FH, wo Suse studierte. Der Stadt Jugendpfarrer von Frankfurt war im Sommer in Prishtina gewesen und hatte davon inspiriert eine Seminar zum Thema Kosovo angeboten. Das Thema war der Krieg, also was im Frühjahr 99 passierte .Während ich Jeta betreute, erzählte Neta von den Massakern in ihrem Dorf und auch anderen Dörfern in der Nähe von Peje. Dabei wurde ihre Mutter und ihrer altere Schwester umgebracht. Die Erzählung war ziemlich beeindruckend, vor allem die Ruhe mit der sie die schrecklichen Geschichten vortrug. Anschliessend konnten die StudentInnen auch Fragen stellen, was reichlich genutzt wurde.
Abends übernachteten Neta und Jeta bei uns. Am nächsten Tag machten wir noch gemeinsam Einkaufstouren (Kamerazubehör, Biolebensmittel ect) bevor ich sie zu ihrem Bruder zurück nach Rossbach brachte, der sie dann am nächsten Tag zum Flughafen brachte.
Am 19.11 kamen endlich Orest und mein Sohn Nepomuk-Loti aus Prishtina zurück. Aufgrund eines Sterbefalls in seiner Familie hatte Orest nicht am Festival teilnehmen wollen und während des zweiten Teil des Austauschs lieber unseren Sohn bei/mit seiner Familie gehütet.
Damit war der Playground Crossing Bridges Kulturaustausch vorerst beendet.

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